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Direkt zur bucket list

Fragen ohne Antworten

Ende 2018 war ich mit einigen gravierenden Fragen konfrontiert, die dazu führten, dass ich mir tiefgreifende Gedanken über mein weiteres Leben machte. Die klassischen Ziele, die viele Menschen verfolgen wie Karriere machen, ein Haus kaufen, heiraten und Kinder bekommen scheinen jedenfalls nicht so gut zu mir zu passen.

Ich wünsche mir keinen Job, der viel Geld bringt, sondern vor allem eine Tätigkeit, an der ich Freude habe, die mich um ihrerselbst Willen bereichert. Erfolg und Leidenschaft schließen sich nicht aus, aber mein primäres Ziel wäre immer der Spagat zwischen „das Hier und Jetzt genießen“ und „für die Zukunft abgesichert sein“, schnell die Karriereleiter raufzuklettern steht auf keiner meiner Wunschlisten. Klar, das nötige Kleingeld fürs Leben darf nicht fehlen, aber ich bin nicht ambitioniert, mein Sparkonto zu füllen, sondern meine Lebenserfahrung.

Und ein Haus will ich auch nicht, oh Gott, das müsste ich ja putzen! Und all den Mist, den man da reinstellen könnte! Da bekomm ich Schnappatmung! Wozu überhaupt? Wir haben zu zweit etwa 90 Quadratmeter und das ist mir schon fast zu groß… Gut, eine Wohnung könnte man eventuell kaufen, das wäre mal noch eine Überlegung. Aber wegen mir eilt das nicht…

So ein Eigenheim würde ja Sinn machen, wenn wir Kinder hätten – Kinder, ich kann wirklich nicht sagen, ob ich das möchte oder nicht. Ich habe einen Partner, der sich keinen Nachwuchs wünscht. Ein Teil von mir erwägt in der Zukunft darüber ernsthaft nachzudenken, weil ich das Familiengefühl lieben würde. Ein anderer Teil sagt mir, dass ich jetzt noch nicht dafür bereit bin und ich muss vorher mein persönliches Problem „Mutter und hochgradig sehbehindert“ in den Griff bekommen. Ich weiß, dass es ganz tolle Mamas mit Handicap gibt – ich lese da hin und wieder ganz fantastische Blogs – ich weiß also, dass es möglich ist und ich finde das klasse! Ich weiß auch, dass wenn ich mich dafür entscheiden würde, dass ich es schaffen würde. Es ist eher die Tatsache, dass ich dann auf so viel Hilfe angewiesen bin, dass ich oftmals meinen Stolz runterschlucken muss, dass ich zu kämpfen habe um nicht bei der Erzeihung entmündigt zu werden, dass ich selbst mit meiner Behinderung noch nicht ganz so im Reinen bin, wie ich es gerne möchte – und dann soll ich ein Kind bekommen, das vielleicht dieselbe Einschränkung hat. Wie kann ich dem Kleinen sagen, dass alles gut wird, wenn ich selbst noch nicht davon überzeugt bin? Wenn ich mich selbst meistens nicht wie ein Teil der Gesellschaft fühle? Ja, mein Minime würde über alles geliebt werden und ich würde alles für es tun, keine Frage, aber es gibt Dinge, die Eltern ihren Kindern nicht abnehmen können und ich weiß noch nicht, wie ich mich damit arrangieren kann. Eine Frage für Zukunfts-Lizzi.

Tja, bleibt noch das Heiraten – auch dazu bin ich irgendwie nicht eindeutig positioniert. Wenn man einen Freund hat, der das ablehnt, hat man auch nicht so viele Möglichkeiten. Früher hat es mich nie gereizt, heute denke ich darüber etwas anders… aber ob man da von Wollen sprechen kann… naja.

Was kann mein nächstes Ziel sein?

Mein Leben war immer in gewisser Weise vorherbestimmt. Erstmal war ich in der Schule, nach dem Abitur habe ich ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht, dann kam das Studium in Heidelberg, ein paar Praktika und mein erster fester Job. Okay, check! Als ich schließlich aus betriebsbedingten Gründen eine neue Beschäftigung gesucht habe, gingen diese Sirenen in meinem Kopf an, dieses nervtötende Gepiepse wie es denn nun weitergehen soll. „Was jetzt?“, „Wohin?“, „Was willst du?“ kaskadierten die Fragezeichen in mir. Es war, als wäre ich am Ende eines Weges angekommen an einer Kreuzung mit zig weiterführenden Pfaden und ich wusste einfach nicht, wohin! Auch wenn ich jetzt einen neuen Job habe, das tinitusartige Fragenkonzert in meinem Hinterkopf hält an. Da ich von manchen Dingen nicht weiß, ob ich sie will, dachte ich, ich orientiere mich mal an dem, was ich will. Und so entstand meine ganz persönliche bucket list.

Lizzis bucket list

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Bucket list erstellen – check! [icon name=“check“ class=““ unprefixed_class=““]

Das ist natürlich keine finale unumstößliche Sammlung. Es werden garantiert Punkte dazukommen und ich werde auch nicht vehement und rigoros versuchen, alles umzusetzen. Sie soll mir eine Art Leuchtfeuer für meinen weiteren Lebensweg sein, mich inspirieren und leiten. Wenn man mich je wieder fragt, was ich gerne hätte, werde ich bedenkenlos diese Liste zücken und mit ein bisschen Glück schenkt mir der ein oder andere treue Wegbegleiter ein Kapitel aus meinem Buch der Wünsche.

Ich will nicht unrealistisch sein – für viele dieser Aktivitäten brauche ich eine vertrauenswürdige Begleitung, denn mit knappen sieben Prozent Sehrest verreist es sich zum Beispiel nicht so einfach… trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf und wie man so schön sagt: „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut“. Also ein Schritt nach dem anderen und schon wird eine abenteuerliche, traumhafte, wunderschöne Lebensreise daraus…

Hast du noch eine tolle Idee für mich? Oder einen Tipp für den ein oder anderen Listenpunkt? Was sind deine Wünsche und Ziele? Ich freue mich über inspirierende und anregende Kommentare…


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27 Kommentare zu „Dschinni, wir müssen reden! Auf der Suche nach dem Sinn meines Lebens oder einfach Lizzis bucket list?

  1. Liebe Melanie,

    ganz herzlichen Dank für deine tollen Tipps! Das mit dem Schminken hört sich cool an, dann müsste ich halt mal wieder unsere Hauptstadt besuchen… Tandemwoche? Jaaa, da wäre ich sofort dabei. Wenn du mir einen Kontakt hättest, wäre das MEGA!!! Cool, von wo bis wo seid ihr denn auf dem Rhein gefahren? Ich war neulich mit Freunden in Schaffhausen beim Rheinfall, da sind wir auch anderthalb Stunden Schiff gefahren – war echt schön und spritzig 😉

    Ganz liebe Grüße
    Lizzi

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  2. Hi, finde deine Liste sehr toll. habe inzwischen auch
    eine eigene, sind ein paar ähnliche Punkte sogar mit drauf.. Für drei deiner Punkte ist mir spontan was eingefallen. Rene Koch bietet in Berlin Schminken für Blinde und Sehbehinderte an. Er ist ein bekannter Visagist. Ich habe das mal mitgemacht, man wird auch beraten, also Schminken und Haare, alles zum Thema (um)styling eigentlich. Ich fand es toll. Finde auch den Menschen toll. Er sagte, er habe sich ins Dunkle gesetzt, als ihn die Anfrag erreichte und sich geschminkt, weil er nicht wusste, wie er das umsetzen sollte. Aber er hat’s gemacht und es war eine tolle Erfahrung. Bei der Reise mit dem Tandem sind mir Freunde eingefallen, die jeden Sommer eine Tandemwoche organisieren. Es sind zwar Belgier, aber ich kann gerne den Kontakt herstellen, falls dich das interessiert. Jeden Tag wird Tandem gefahren und etwas unternommen. Die mehrstündige Bootsfahrt habe ich vor einer Woche auf dem Rhein mit Freunden gemacht. Das kann man hier gut machen und würde ich auch alleine schaffen, ich bin blind. Wenn dir Rhein nicht zu unspektakulär ist, gib bescheit. 🙂

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