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Vor etwa einem Jahr habe ich mir einen Stempel geschnappt und mir mitten auf die Stirn gedrückt. Richtig fest. Der Abdruck ist gelb mit drei schwarzen Punkten darauf – und bleibend.

Gut, genaugenommen habe ich mir die Kennzeichnung nicht unmittelbar im Gesicht platziert, sondern trage doch nur ganz gewöhnliche Armbinden. Zwei gelbe Bänder mit Filzpunkten zieren jetzt meine Oberarme und identifizieren mich für den durchschnittlichen Passanten als… ja, was eigentlich? Als blind? Oder so?

Ich bin doch gar nicht blind, jedenfalls meistens

Fast alle Menschen denken, die (gar nicht sooo wohlbekannte) Blindenbinde bedeute „blind“ – steckt ja auch im Namen! Demnach sehen sie alle Menschen als „blind“ an, die eine solche Markierung tragen. Blöd nur, dass ich gar nicht blind bin, sondern hochgradig sehbehindert, wobei die Intensität meiner Einschränkung je nach Lichtverhältnis variiert. Wenn es dunkel ist, würde ich mich allerhöchstens als sehbehindert deklarieren, bei ungünstigen Lichtverhältnissen jedoch als nahezu blind. Aber was teilweise nicht einmal Augenärzte richtig begreifen, kann man wohl kaum ohne längere Erklärung einem Passanten klarmachen und schon gar nicht mit einem simplen Zeichen. Wer mich also mit dieser Kennzeichnung sieht, sofern er ihre Bedeutung (einigermaßen) kennt, hält mich für blind und ist dann vermutlich total verwundert, dass ich ohne Langstock und Führhund unterwegs bin und eventuell sogar befremdet, sobald ich mir das Smartphone vors sonnenbebrillte Gesicht halte. Sieht sie jetzt oder nicht? Und wenn ja, wieviel? Oder ist die Markierung ein Witz? Ne, sie geht schon sehr nah ans Display. Häääääääää??? So stelle ich mir zumindest ab und an den Gedankengang von Fremden vor, wenn sie auf mich treffen. Kein Wunder, dass sie teilweise keine Ahnung haben, wie sie mit mir umgehen sollen. Helfen? Ignorieren? Ansprechen? Hinschauen? Wegschauen? Tut mir leid, ich finde es auch nicht leicht. Gar nicht leicht. Und anstrengend!

Die Alternative ist auch nicht prickelnd

Bevor ich zur Offenlegung meines Handicaps griff, schlug ich mich inkognito durch die Welt. Für Behördengänge verwendete ich gelegentlich einen kleinen gelben Button mit schwarzen Punkten, ansonsten wandelte ich unerkannt durchs Leben. Da war ich an sommerlichen Tagen einfach nur eine Frau in der Fußgängerzone, zu bewölkten Zeiten die Arrogante, die mit der Sonnenbrille durch den Regen rennt. Die Komische, die ihre Nase fast gegen den Busfahrplan drückt und der man gerne mal zuruft: „Ohne Sonnenbrille geht’s besser.“ Nein, geht es nicht, aber egal. Seltsamen Menschen wie mir darf man ja eins reinwürgen. Man wird ja schließlich besser wissen, wie mein Alltag funktioniert. Ein weiterer, grandioser, immer gern gegebener Tipp: ich solle mir ein größeres Handy kaufen. Meistens ging dieser Ratschlag mit Häme und Gelächter einher. Ist ja auch zu albern, so eine Kleine mit blonden Locken, die nur Zentimeter vom Display entfernt auf eine Textnachricht starrt. Sowas geht ja gar nicht. Muss man sich dringend einmischen. Eine besonders hilfsbereite Person am Flughafen von Baden-Baden verriet mir übrigens die wohl gravierendste, lebensverändernde Wahrheit: Ich solle mir doch eine stärkere Brille zulegen. Das würde helfen. Ich erklärte zwar, dass man bei etwa sieben Prozent Sehrest auch mit einer starken Brille nicht besonders viel machen kann (mal ganz abgesehen von all den anderen Problemen wie Nystagmus und Photophobie und der Tatsache, dass ich bereits eine starke Brille habe), aber sie blieb beharrlich und versicherte mir, dass man heutzutage alles mit einer entsprechenden Brille beheben könne. Wow – Danke! An ihr ist wahrlich eine große Medizinerin verloren gegangen, eine Koryphäe der Augenheilkunde und eine echte Empathin! Mein Gott, bin ich froh, dass ich diese weise Erleuchterin meiner Realität getroffen habe… nicht!

Vom Regen in die Traufe?

Du siehst, ich hatte also die Wahl, mich zu entscheiden, ob ich lieber dumm-arrogant-ungeschickt-seltsam oder doch lieber blind-obwohl-ich-nicht-blind-bin sein möchte. Lange Zeit wollte ich letzteres nicht, weil sich alles in mir dagegen sträubte. Nicht, weil ich etwas gegen Blinde hätte. Sondern einfach, weil ich es NICHT BIN! Weil es keine Kennzeichnung gibt, die aussagt, was ich bin. ABER dumm-arrogant-ungeschickt-seltsam bin ich auch nicht. Darum entschied ich mich im vergangenen März für die Markierung als blind oder hochgradig sehbehindert. Mit der einfachen Begründung, dass ich wenigstens für etwas gehalten werden wollte, was ich eher bin. Denn besagte Kennzeichnung steht für blind oder sehbehindert und sehbehindert bin ich. Also wenn man mich schon verurteilen und in eine Schublade stecken muss, dann doch bitte in die, in die ich auch einigermaßen gehöre!

Verantwortung abgeben

Ein Jahr lang konnte ich erfahren, wie es so ist, sich zu kennzeichnen. Mein Fazit vorab: ich werde es weiterhin tun, denn ich muss gestehen, dass die Feindseligkeiten, die kleinen Alltagsangriffe größtenteils weggefallen sind und das macht mein Leben wesentlich positiver. Man kann sich kaum vorstellen, wie schön es ist, wenn man mal mit Sonnenbrille in eine hellerleuchtete Arztpraxis kommt und nicht dumm angepflaumt wird, man solle doch höflicherweise die Augen zeigen. Stattdessen werde ich jetzt teilweise geschnappt und überall hin geführt. Das ist dann schon fast zuviel des Guten, aber das nehme ich lieber als die Anfeindungen, das ist ganz klar. Außerdem will ich auch niemanden, der hilfsbereit ist, vergraulen und manchmal, das gebe ich offen zu, ist es einfach schön, wenn sich um mich gekümmert wird, wenn ich erkenne, wie sich jemand freut, weil er mir behilflich ist, wie ich mal nicht konzentriert sein muss, mal nicht in Kampfstellung… eine Erleichterung. Und viel Grund zum Kämpfen gab es. Das ein oder andere erfährst du hier. Oder das Mobbing in der Schule. Die Demütigung, wenn man traumahinterlassend Treppen runterfällt und keiner reagiert oder sich richtig bitter an Straßenlaternen wehtut und statt freundlicher Hilfe hört man nur Gelächter. Ich wurde schon so oft mit fiesen Sprüchen zu meiner Sonnenbrille angegriffen, es wurde sich über mein nahes Herangehen an Bildschirme lustig gemacht („Bist du blind oder was?“ – ääähm, ja fast…). By the way scheint mir die Darstellung des christlichen Teufels völlig falsch zu sein, denn nach all dem, was ich gelernt habe, sollte er definitiv eine dunkle Brille tragen. Muss der Horror für Normalsterbliche sein, wenn andere so etwas bei wenig Sonne und OHNE IHRE ERLAUBNIS tragen. Ich könnte aus dem Stehgreif tausende Situationen aufzählen, in denen ich wirklich negativ angegangen wurde und das, obwohl ich niemandem geschadet habe, obwohl ich immer freundlich und hilfsbereit war und mir die größte Mühe gab, mich einzufügen. Ich versuchte, niemandem im Weg zu stehen, kein Hindernis zu sein und vor allem Offenheit auszustrahlen. Wirklich – das schwöre ich dir – ich habe nichts getan, um anderen negativ aufzufallen. Ich war einfach nur da mit meiner Sonnenbrille und den seltsamen Anwandlungen der Näherung an bestimmte Objekte… das hat schon gereicht, um unten durch zu sein. Dass das endlich ein Ende hat, dafür bin ich SOOO dankbar! Dafür trage ich gerne ein Zeichen, das nicht genau das trifft, was ich bin… aber es nimmt die Schwere, sich immer nur verteidigen zu müssen. So kann ich mal durchatmen.

Lizzi liegt im Gras

Eine unsägliche seelische Wohltat ist dabei auch, dass ich mal Verantwortung abgeben kann. Vorher habe ich diese komplett auf mich genommen, denn dadurch, dass ich mich nicht zu erkennen gegeben habe, war es an mir, Situationen dementsprechend zu erklären, zu entschärfen, zu bewältigen. Zum Beispiel im Supermarkt an der Kasse. Da zog jemand meine Ware über die Registrierung und wartete, dass ich bezahlte, ohne den Betrag zu nennen. Er wurde ja digital angezeigt und mein Gegenüber ging davon aus, dass ich das sehen könne. Früher war es meine Aufgabe, zu sagen, dass ich das nicht lesen könne oder ich gab einen dem Überschlag entsprechend größeren Geldbetrag und nahm gezwungen vertrauensselig mein Rückgeld entgegen. Heute brauche ich gar nichts zu tun. Man sagt mir was ich zu bezahlen habe. Und wenn nicht, warte ich, bis die Erkenntnis kommt. Ganz einfach. Jetzt wird die Verantwortung geteilt.

Der tiefste Eindruck

Das wohl Krasseste, was mir seither widerfahren ist: am zweiten Tag meiner Kennzeichnungsphase stand in der S-Bahn eine alte Dame für mich auf, lächelte mich herzerwärmend liebenswürdig an und bat mich Platz zu nehmen. Eine alte Dame! Für die ich sonst aufstehen würde! Wenn ich dieser Frau nur einmal sagen könnte, wie sehr mich das gerührt hat. Denn genau an diesem Tag war ich so müde und hatte wirklich üble Kopfschmerzen, ich wünschte mir so sehr einen Sitzplatz, konnte aber beim Einsteigen keinen mehr ergattern, weil andere schneller und zielsicherer gewesen waren.

Mir ist schon aufgefallen, dass mir mehr geholfen oder Unterstützung angeboten wird. Manchmal reicht es nur, dass ich kurz zögernd auf dem Gang stehenbleibe und schon fragt mich ein Vorbeigehender, ob ich etwas bräuchte. Und wenn ich nach Hilfe frage, erhalte ich viel positivere Reaktionen als früher – schon alleine, weil ich nicht mehr so viel erklären muss. Früher bekam ich auf die Frage „Fährt dieser Bus zum Bahnhof“ häufig die unsagbar weiterführende Antwort „Steht doch dran“ oder „Schau’n Se doch auf den Plan.“ Ja, danke. Würde ich ja, wenn ich könnte, aber man schien mir chronisch unterstellen zu wollen, ich wolle Busfahrern das Leben schwer machen, indem ich sie mit Fragen löcherte, deren Antwort ich bereits kannte oder ich sei zu faul zum Lesen. Ertappt, Mist 😉 Heute bekomme ich eine vernünftige Auskunft – juhu! Endlich habe ich es zu „menschenwürdig“ geschafft.

Es hat sich viel verändert

Sowohl in der Außenwahrnehmung als auch in meiner eigenen Empirie des Lebens. Ich würde aber keinesfalls sagen, dass die Markierung all meine Probleme gelöst hat, manche hat sie nur transferiert, umgepolt. Viele Problemsituationen sind jetzt leichter zu handlen, besser zu lösen. Die extreme Negativität, die mir durch meine unerklärte Andersheit entgegenschlug, wird durch den Filter der Markierung neutralisiert.

Ich kann zumindest soviel sagen: einiges, was mir ohne Markierung passiert ist, würde mir jetzt wohl nicht mehr widerfahren. Je nachdem, wie gut die Menschen, mit denen ich zu tun habe, die Symbolik kennen. Ende 2016 hat mich mal ein Fahrrad auf der Straße umgefahren. Keine Ahnung, ob es eher meine Schuld war, weil ich es nicht gesehen (oder gehört) hatte oder ob der Fahrradfahrer besser hätte aufpassen müssen. Ich bin mir heute sicher, dass es vor allem einfach dumm gelaufen ist. Die Narben an den Knien habe ich immer noch, die gehen einfach nicht mehr weg. Eine Blindenbinde hätte das vielleicht verhindert, weil der Mann dann von Weitem alarmiert gewesen wäre. Was aber nicht per se heißt, dass mein Gelb-Schwarz-Signal mich grundsätzlich vor Schaden bewahrt. „Freilaufende“ Kinder (Kindernisse) auf Fahrrädern, Rollern, rennend und träumend in die Luft starrend wissen nicht, was die Markierung bedeutet und nehmen selbstverständlich keine Rücksicht. Ihre Eltern leider oftmals auch nicht… So kam ich – trotz neuer Gewandung – zu weiteren Narben, als ein Kind sein Velo abgelenkt von was auch immer mitten in mich hineinschob. Ich wusste, entweder müsste ich ausweichen und dabei stürzen oder ich würde das Kind umwerfen. Logisch, dass ich semikontrolliert zu Boden ging. Der Vater, der mit anderen Kindern beschäftigt gewesen war, zog mich dann wieder auf die Beine und entschuldigte sich. Zu spät, aber immerhin.

Und ohne, dass ich jetzt hier eine Diskussion lostreten möchte, meine Erfahrung hat mich bisher gelehrt, dass häufig Menschen, die ich – sagen wir mal – nicht Deutsch sprechen höre, absolut nicht auf meine Kennzeichnung reagieren. Wahrscheinlich einfach, weil sie dieses Zeichen nicht kennen.

Du siehst, eine Blindenbinde ist nicht die Antwort auf alle Fragen, aber auf manche.

Aber… es gibt immer ein Aber! 

Ich will nicht undankbar erscheinen, denn diese Veränderung hat mein Leben schon bereichert. Das möchte ich gar nicht leugnen. Ich füge mich in mein Schicksal, dass ich dieses visuelle Statement benötige, um in der Gesellschaft einigermaßen akzeptiert zu werden und einen wenig durchgerüttelten Platz zu finden. Als Teil von ihr fühle ich mich trotzdem nicht. Da sind so liebenswerte Menschen, die mir hingebungsvoll helfen, so viele offene Leute, die auf mich zugehen… aber da sind auch die, die mich anstarren und denken, ich bemerkte das nicht. Das ist leider die Mehrheit. Die große Mehrheit. Das sind die, die mich wie einen Alien behandeln. Als wäre ich etwas total Merkwürdiges, Schwieriges, Unbequemes… und schon gar keine 30jährige Vollblutfrau mit vielseitigem Charakter und facettenreichem Gefühlsleben, die gerne mal als solche wahrgenommen werden möchte und nicht nur als „die Blinde“. Halte mich bitte nicht für eingebildet oder oberflächlich, wenn ich das jetzt sage, aber mal ehrlich. Ich bin sehr vieles und vor allem eine extrem feminine Person mit einer gesund ausgeprägten Sexualität und völlig menschlichen Gefühlen und Bedürfnissen wie körperliche und emotionale Befriedigung, Liebe, Hunger, Durst, Abenteuerlust, Ängsten, Hoffnungen, Ideen und Kreativität. Ich würde so gerne als das wahrgenommen werden, was ich bin und nicht immer nur als ein wandelndes Handicap. Ich habe nichts gegen einen kleinen Flirt oder ein Späßchen mit einer Unbekannten in der Schlange beim Rewe oder eine normale spontane Interaktion. Aber für die meisten Herrschaften bin ich erstmal die Behinderte (klar, will ja keiner eine fast blinde Freundin, die sieht ja bestimmt nicht, wie toll man doch ausschaut (Doch, tut sie ;))) und für die meisten Mitmenschen bin ich unbedingt mit Samthandschuhen anzufassen, denn man weiß schließlich, dass Menschen mit Handicap (oder speziellen Bedürfnissen, oder wie man uns heute so nennt) bei jeglich menschlicher Behandlung schluchzend zu Staub zerfallen. Lernt man doch in der Schule sowas!!! Paradox im Übrigen, dass ich vor der Markierung mit Aggressionen zu kämpfen hatte und jetzt in Watte gepackt werde. Alles, was sich verändert hat, sind zwei gelb-schwarzgepunktete Armbinden… verrückte Welt! Ein Mensch war ich doch schon immer, könnte ich denn nicht so behandelt werden? Respektvoll? Egal ob mit oder ohne Kennzeichnung…

Lizzi in Heidelberg

Zum Glück habe ich einen Freund, dem das vollkommen gleichgültig ist, der mich so nimmt, wie ich bin. Er hat mir noch nie das Gefühl gegeben, dass er wegen meiner Behinderung auf etwas verzichten müsse, dass sie ihn störe oder ihm unangenehm sei. Bei ihm kann ich einfach ich sein. Da fühle ich mich nicht behindert.

Vielleicht kommt es dir darum komisch vor, dass ich gerne auch als hübsche, clevere Frau (für denjenigen, der das so findet) gesehen werden möchte. Es geht mir nicht darum, dass ich davon träume, dass mir Männerhorden hinterherpfeifen oder alle im Block mir High-Fives geben wollen, weil ich die Coolste bin. Ich kenne aber den Unterschied – wenn ich nicht markiert bin, werde ich (abgesehen von all den anderen oben beschriebenen Kriterien) als feminines Lebewesen durchaus wahrgenommen und das gefällt mir, weil ein wichtiger Teil von mir nicht negiert wird. Denn das ist eben auch ein Nebeneffekt – alles Individuelle, das man an mir erkennen könnte, wird vom fetten „BEHINDERT“ überdeckt. Zack, weg das Fröhliche, Lustige, Smarte, Alberne, Lebensfrohe… nur ein dickes, unübersehbares „HANDICAP“ mitten auf meiner Stirn. Abgestempelt.

Lizzi sitzt auf der Lehne einer Bank

Das Ironische daran ist, dass ich vorwiegend als behindert gesehen werde, also etwas Künstliches, denn wäre unsere Gesellschaft nicht auf Menschen mit gesunden Augen ausgerichtet, wäre ich gar nicht behindert. Aber eine Frau bin ich so oder so meiner Biologie nach. Und mein Charakter ist ebenfalls unabhängig von Konventionen und Ausrichtungen. Meine wahre Natur wird zugepflastert, von dem, wozu ich gemacht werde.

Und wie geht es weiter?

Ja, ich werde mich definitiv weiterhin tagsüber kennzeichnen, denn es hat unwiderlegbar mehr positive Aspekte als negative. Und ich habe mir auch zur Aufgabe gemacht, dass ich wann immer ich kann meinen Mitmenschen verdeutlichen werde, dass ich niemand bin, den man vollkommen anders behandeln muss, dass ich offen bin und man mit mir reden kann – über mein Handicap und alles andere auch. Ich werde jedem, der bereit ist, es zu sehen, zeigen, wer ich bin und wie einfach es sein kann, mit Sehbehinderten umzugehen. Wir beißen nicht (glaube ich, ich kann jetzt natürlich nicht für alle sprechen). Wir mögen spezielle Anforderungen haben, um in einer Gesellschaft für Sehende zurecht zu kommen, aber vor allem sind wir Menschen, die wie jeder andere geliebt werden möchten. Wir wünschen uns echte Freunde, wir fühlen uns geborgen in unserer (Wahl)familie, wir lachen gerne, haben Spaß, brauchen mal Hilfe und wollen uns ausleben, neue Erfahrungen machen, dazugehören, einfach leben!

Wir sind im Grunde ganz genau wie jeder andere… schade, dass es dafür keine Kennzeichnung gibt. Muss man wohl selbst drauf kommen 😉

Und du? Hast du eine visuelle Einschränkung und markierst du dich? Warum? Warum nicht?

Oder bist du nicht sehtechnisch gehandicapt? Wie ist das mit dir? Kennst du die angesprochene Markierung? Weißt du, was sie bedeutet? Wie gehst du mit Behinderten um?

Ich würde mich total über deinen Kommentar freuen – erzähl doch mal! Und teile gerne, wenn du diesen Blogpost für lesenswert hältst.

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26 Kommentare zu „Seit einem Jahr freiwillig abgestempelt – mein Leben mit Handicap #2

  1. Lieber Oliver,
    schön, von dir zu lesen! Was du in deinem O&M-Unterricht gelernt hast, ist völlig korrekt. Der weiße Langstock ist absolut ausreichend als Kennzeichnung und NIEMAND hat von dir zu fordern, dass du Blindenbinden tragen sollst. Aus meiner Sicht ist der Stock ohnehin das bessere Kennzeichen, denn die Bedeutung der gelben Bänder mit drei schwarzen Punkten müssen Menschen erst lernen. Sie ist nicht selbsterklärend. Ich treffe andauernd Mitmenschen, die das Zeichen nicht kennen. Der Stock hingegen ist im Großen und Ganzen selbsterklärend, denn er ist Kennzeichnung und Hilfsmittel in einem.
    Heute, wo ich meinen Hund habe, liegen die Armbinden irgendwo in einer Schublade. Sie waren für den Übergang gut, aber jetzt bin ich ganz froh, dass ich sie los bin. Sie rutschten dauernd und waren eben nicht eindeutig genug. Und irgendwie kam ich mir damit immer nicht wie ich selbst vor. Ich besitze nur noch einen kleinen gelben Button mit drei schwarzen Punkten, den man magnetisch z.B. am Kragen befestigen kann. Gerade für Ämter, Buffets usw., wenn ich den Stock nicht brauche.

    Liebe Grüße
    Lizzi

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