Herzlich Willkommen…

…in einer brandneuen Rubrik, einer noch völlig unerforschten Gegend in Lizzis Welt. Ich möchte mich an dieser Stelle auf ein sehr persönliches Gebiet wagen und widme diesen Teil dem Thema „Sehbehinderung“ oder auch mir und meinem Handicap.

Genau, ich habe von Geburt an eine hochgradige Sehbehinderung, eine Makula-Dystrophie, einen Nystagmus, Drusenpapillen, eine Gesichtsfeldeinschränkung und noch die ein oder andere weniger spaßige Zutat im Cocktail meiner Augenerkrankung. Diese vielseitige Mischung aus Beeinträchtigungen ergibt ein sehr spezielles Gesamtbild, das recht schwer zu beschreiben oder erklären ist. Sehr oft werde ich gefragt: „Lizzi, wie siehst du denn genau?“ Das ist eine extrem gute Frage und eine besonders schwierige noch dazu, denn genauso könnte ich erwidern: „Wie sieht man denn gut?“ Meistens versuche ich es so, dass ich sage, dass ich von 100 % noch etwa 10 % sehe, enorm blend- und kontrastempfindlich bin und zusätzlich eine Art Tunnelblick wie mit Scheuklappen habe. Aber mal ehrlich, ich bin es leid, immer wieder etwas beschreiben zu wollen, was ich mit nichts vergleichen kann. Ich habe keine Ahnung, wie es ist, wenn man sein visuelles Potential voll ausschöpfen kann oder wie ich es mir vorzustellen habe, die Treppenstufen zu sehen, bevor ich sie hinunterstolpere. Stattdessen verrate ich dir lieber, was ich sehe.

Ein neuer Ansatz

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, so heißt es im kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry und fortan auch in meinem Leitsatz für diese spannende, jedoch sehr spezielle Kategorie – ein merkwürdiger Leitspruch für eine Reihe, die sich mit dem Themenblock Sehbehinderung, also dem Nichtsehen, beschäftigt, denkst du vielleicht. Und doch könnte ich keinen passenderen Titel ersinnen, wenn man es näher betrachtet: Durch meine Sehschwäche wird mir der Alltag stark erschwert, das tägliche Leben in der Gesellschaft ist manchmal furchtbar mühselig. Es stimmt schon, wann manche sagen, dass man nicht behindert ist, sondern behindert wird. Ja, so kommt es mir auch häufig vor, denn im Grunde könnten viele Dinge ganz einfach und barrierefrei sein. Man stelle sich nur überall markierte Treppenstufen vor – klingt eigentlich simpel, oder? Ein kleiner Strich für den Maler, eine lebensverändernde Hilfe für die (gehandicapte) Menschheit. Es ist ab und an schrecklich frustrierend, macht wütend und traurig und doch – gibt es so viele kreative Lösungen für all diese Probleme und selbst jene, die nicht gelöst werden können, sind im Grunde nur lästige Felsen, die es zu umschiffen gilt. Es gibt immer Alternativen, Umwege, manchmal sogar Abkürzungen… ich glaube, für die wichtigsten Dinge im Leben muss man nicht sehen können, denn Glück ist vom Augenlicht vollkommen unabhängig. Ja, ich liebe wunderschöne Bilder, ich fotografiere und zeichne für mein Leben gerne, doch nicht nur Lichtreflexe, Pinselstriche und Farbverläufe zaubern schöne Kunstwerke. Emotionen hinterlassen noch wesentlich tiefere, gravierendere Eindrücke, sie prägen unser inneres Auge, unser Herz oder wie immer du das Organ nennen möchtest, das Gefühle auffängt und wahrnimmt. Wie wäre es also mit folgendem Fazit: wenn René Descartes mit cogito ergo sum (ich denke, also bin ich) seinen fixen Punkt im Sein gefunden hat, dann lautet mein Motiv wohl sentio ergo sum (ich fühle, also bin ich). Natürlich soll das kein direkter Vergleich oder ein Konter zu seinen Meditationen sein, ich möchte nur deutlich machen, dass Gefühle und Verständnis für mich der feste Punkt in meiner Welt sind, mit dem ich sie, zusammen mit dem Hebel meines Verstandes, aus den Angeln heben könnte, wenn du verstehst, was ich meine – Archimedes würde es bestimmt.

Komm mit!

…ich lade dich herzlich ein, mich auf dieser Reise zu begleiten, die uns in eine dunkle, wenig erforschte Seitenstraße führen wird und uns helfen kann, zu einem besseren, gegenseitigen Verständnis zu kommen, das Ein oder Andere in einem neuen Licht zu sehen und das wertzuschätzen, was wir haben.

 

4 Kommentare zu „Eine neue Perspektive

  1. Lieber Dietmar,

    schön, dass du meinen Blog besuchst und vielen Dank für deinen Kommentar. Ich bin auch ein großer Fan von Worten, von dem, was sie bewirken können, was sie vermitteln und schaffen. Eine wundervolle Errungenschaft der Menschen!

    Zu deiner Frage: ich lese deine Worte hier direkt am Bildschirm. Ich gehe etwas näher ran und habe einen leichten Zoom eingestellt, das reicht mir schon. Das Wundervolle an unserer heutigen Zeit ist, dass das Internet ein Raum ist, in dem ich mich zu 99 % barrierefrei bewegen kann. Da konnte ich eigentlich nur Bloggerin und Onlineredakteurin werden, oder? 😉

    Herzliche Grüße
    Lizzi

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  2. am handy habe ich ein Problem beim schreiben. treffe oft die falsche taste oder versehentlich auf SENDEN.
    habe sowieso zu viele sätze geschrieben, ist für mich selbst kein problem, doch besonders hier, in wordpress, mag eigentlich niemand lange texte lesen, was ich zwar verstehe, mich selbst jedoch erheblich reduziert fühle, weil ich die kürzelhafte sprache nicht mag, nur im direkten kommentar. doch bei bildern ist es kaum anders. ich poste in meinen beiträgen oft galerien mit vielen fotos, weil erst dadurch eine aussage entstehen kann, doch das wird von den meisten Followern als zu anstrengend empfunden. wenn ich dagegen SEHE, wenn jeden tag nur ein bild mit einem kurzen satz gesendet wird, folgen prompt zahlreiche likes. also dem kann und will ich mich selbst nicht anpassen.
    sprache ist für mich immer noch wichtiger als bilder. und ich denke, fühle, sehe und verstehe anders als normale menschen, besonders hier, wo man sich nicht unmittelbar über augenkontakte begegnen kann, sondern meist gibt es nur ein avatar und noch dazu den anonymen nickname. so ist alles eine frage der projektion. was allerdings auch draussen, in realen kontakten, ähnlich passiert, mit dem grossen unterschied, man kann SEHEN, wie sich ein gegenüber bewegt, in der körpersprache, der Mimik und spontanen gesten. all das ist hier im virtuellen raum so nicht möglich. wenn dann ausgerechnet auch noch die sprache reduziert wird auf smalltalk und blabla, dann fühle ich mich reduziert auf die Oberfläche der standardisierten Formen der Kommunikation. hier ist es ja trotzdem noch möglich, diese Grenze nicht allzu ernst zu hinterfragen.
    so, jetzt ist es aber zuviel in der buchstabensprache.
    das bekannte zitat in Der Kleine Prinz ist für dich und für mich selbst auch nachvollziehbar, denn was man nur mit den augen sieht, ist zunächst nur eine flüchtige oberfläche.
    liebe grüsse
    dietmar alias die-wege

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  3. ich versuche dich kennenzulernen, da ich SEHE, du folgst jetzt meinem Blog. ich lese mich ein wenig durch deine texte und die mag ich. du beschreibst dein sehproblem mit vielen worten, kann nur ahnen, was es für dich bedeutet, da ich ein augenmensch bin, visuelle eindrücke jedoch leben erst durch selektion, draussen, was nah ist, kann im gehen am schnellsten wieder aus den augen, aus dem sinn verschwunden sein. am unmittelbarsten passiert das im schnell fahrenden zug, das weit entfernte erkennt man länger, wenn auch nicht im detail.
    meine erste frage ist, wie kannst du LESEN, was ich jetzt schreibe? da ich in meinen blogs oft sehr lange texte veröffentliche, die für normal sehende

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